von Jan Ledóchowski
Laut Medienberichten sind mittlerweile 35 Prozent der Schüler an öffentlichen Volksschulen in Wien islamischen Glaubens, während katholische Kinder mit 21 Prozent auf Platz zwei verwiesen wurden. Die Bedeutung dieser Entwicklung für die Zukunft unserer Stadt, unseres Landes und unserer Kultur kann kaum überschätzt werden, und Verantwortliche ringen um die richtigen Antworten. Diese basieren jedoch fast ausschließlich auf dem eigenen Weltbild und der Rolle der Religion darin. Daher ist es bedauerlich, aber nicht überraschend, dass viele wohlmeinende Politiker, Lehrer und Bürger diese Herausforderung nicht ausreichend ernst nehmen und ihre Lösungsvorschläge den Kern des Problems nicht erfassen.
Das Christentum hat unsere Kultur so tief durchdrungen, dass es für manche hinter seinen Früchten scheinbar verschwindet. Dazu gehört der uns Europäern instinktiv gewordene Reflex, auf der Seite der Schwachen, Armen, Entrechteten und Fremden zu stehen und ihre Würde anzuerkennen. Allein die Idee einer säkularen und einer religiösen Ebene in unserer Welt ist durch und durch christlich, und so sind auch die säkularen atheistischen Europäer für die Welt als Christen erkennbar. Diese Beobachtung machte auch der indische Professor S.N. Balagangadhara an der Universität Gent: „Das Christentum breitet sich auf zwei Weisen aus: durch Konversion und durch Säkularisation.“ Wenn aber das Christentum als maßgebende Religion verdrängt wird, hat das Konsequenzen für das gesamte Gefüge unseres Landes. Menschen, für die der Glaube keine Rolle spielt, werden seine Bedeutung sowohl im Positiven als auch im Negativen zwangsläufig unterschätzen. Das umfasst natürlich auch die Wirkkraft des Islam.
Aus diesem Missverständnis der Rolle der Religionen herauslassen sich manche Reaktionen und Forderungen bezüglich der neuen islamisch geprägten Realität in Schulen verstehen. Das Verbot einer Wiener Lehrerin, aus der Bibel vorzulesen, weil das „Mohammed gegenüber unfair“ sei, ist mit der später zurückgezogenen Forderung von Vizebürgermeister Wiederkehr vergleichbar, den Religionsunterricht durch einen Demokratieunterricht zu ersetzen. Beide nehmen die Religion – weder den Islam noch das Christentum – ernst. Angesichts von 35 Prozent muslimischen Schülern von einer Bibellektüre abzusehen, mag der Versuch gewesen sein, unnötige Konflikte zu vermeiden, weist aber unübersehbare Parallelen zu Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“ auf und lässt erahnen, wie liberale und religionsgleichgültige Eliten in einer zunehmend islamisch geprägten Umwelt mit Religionsfreiheit umgehen werden.
Vizebürgermeister Wiederkehrs Losung „Unser Glaube heißt Demokratie“ lässt ebenfalls tief blicken. Christoph Wiederkehr begeht hier einen Kategorienfehler und versucht, auf eine religiöse Frage eine säkulare Antwort zu geben. Demokratie ist keine Religion, sie ist auch nicht die Quelle von Werten und Überzeugungen, sondern setzt diese voraus. Demokratie lässt sich deshalb auch nicht auf beliebige Kulturen überstülpen, und Christoph Wiederkehr wird diesbezüglich die gleiche Erfahrung machen wie George W. Bush im Irak. Die einzige Antwort kann nur ein selbstbewusstes Beharren und eine gezielte Stärkung unseres eigenen christlichen Glaubens sein, ob im persönlichen Leben oder schlicht im Erkennen seiner Relevanz für den Fortbestand unserer Institutionen. Deshalb muss auch der Religionsunterricht an Schulen beibehalten und sogar aufgewertet werden – einerseits, um das Wissen um den christlichen Glauben aufrechtzuerhalten, und andererseits, um den Islam zu christianisieren, indem man ihn säkularisiert.
Das wundert niemanden, der einmal den Koran gelesen hat (was mühsam ist). Vieelicht merken auch die SPÖ-Wähler, dass die Moslems lieber eine eigene Partei gründen als SPÖ zu wählen.